Ikonen
sind nicht Bilder zum Anschauen,
sondern Fenster zum Hindurchschauen.

So wundert es auch nicht, dass nicht die Originalität einer Ikone das Wichtigste ist – so sehr auch die alten, wertvollen „Vor-Bilder“ geschätzt werden – sondern
es kommt darauf an, was die Ikone mit mir macht, wenn ich sie nachmale oder meditiere.

Das Thema „Weihnachten“ ist von Anfang an umrankt von Erzählungen und Legenden, die den tieferen Sinn suchen und entschlüsseln wollen. Sie machen uns einmal mehr bewusst, dass es in der Bibel nicht um chronologische Notizen geht, sondern um Heilsgeschichte. Es liegt an uns, diesen Erzählungen „auf den Grund zu gehen“ und sie als Heilsgeschichte zu begreifen.
Unterschiedliche literarische Formen versuchen zu deuten, was eigentlich
nicht erklärbar ist: Gott wird Mensch. Wir Menschen haben nichts anderes als unsere Sprache und unsere Bilder, um uns dem Geheimnis zu nähern. Das ist unser Reichtum und auch unsere Armut. Ob aus dem Geheimnis unser „Daheimnis“ wird, wie Andreas Knapp es ausdrückt, liegt an der Ausrichtung unseres eigenen Lebens.…

„Ich bin der, der-da-ist“, so erfährt Moses Gottes Namen am brennenden Dornbusch. „Immanuel“ – „Gott mitten unter uns“, ist ein anderer Name für Jesus Christus geworden. Beide Namen erschließen sich nicht durch logisches Denken, sondern in der Tiefe unseres Wesens.. Sie entscheidet, was Weihnachten für uns geworden ist: ein Fest, das seinen ursprünglichen Sinn fast verloren hat oder eine Feier der Freude über einen Gott, der unser menschliches Schicksal teilt und uns gezeigt hat, dass wir den Glauben an den Frieden in der Welt nicht aufgeben dürfen – allem Anschein zum Trotz.

Das „Kind“ in der Krippe hat das Gesicht eines jungen Erwachsenen. Es ist nicht der „holde Knabe im lockigen Haar“, sondern ein Jesus, der mit seiner Botschaft eines bedingungslos liebenden Gottes bei den vielen nicht ankommt
und ihr doch treu bleibt über den Tod hinaus. Krippe und Kreuz gehören zusammen. Die erschütternde Botschaft des Johannes-Prologs heißt: “Er kam in sein Eigentum, doch die Seinen nahmen ihn nicht auf“. Er ist noch immer der „Gott mitten unter uns“, der sich eine geschwisterliche Welt vorstellen kann.

Sehnen wir uns genug nach dem Frieden im eigenen Herzen und in der Welt, um ihn und seine Botschaft zu brauchen?
Sr. Pietra Hagenberger

In diesem Sinn:
Ein gesegnetes Weihnachtfest und ein friedvolles Jahr 2020 !