In den Ostererzählungen wird deutlich, dass es um Offenbarungen des Auferstandenen geht, die auch einzelne Menschen betreffen: Maria Magdalena, Thomas, die Emmaus-Jünger, Petrus und viele Andere. Jesus Christus bereitet in seinen österlichen Begegnungen seine Jünger auch darauf vor, dass sie ihn einmal nicht mehr mit den leiblichen Augen sehen werden.
Es gibt kaum eine ausdrucksvollere Gruppe als die mit den Jüngern Jesu, wie Sr. Sigmunda sie geschnitzt hat. Es ist die Zeit unmittelbar nach Jesu Tod, als die Vertrauten Jesu, verstört und verwirrt, sich aneinander drängen, verfolgt von den grausamen Bildern seines Todes und ihren eigenen Schuldgefühlen. Sie haben ihn ja schließlich allein gelassen. Und nun haben sie Angst, dass die geistlichen Obrigkeiten der Juden auch nach ihnen suchen werden.
Und da stürmt diese quirlige Frau in ihre Mitte, durchbricht die Mauer der Verzweiflung, in der die Jünger wie in einer eisernen Kette gefangen sind, und bringt die Botschaft, dass Er lebt.
Sie stürmt heran wie ein Wirbelwind, lebendig bis in jede Haarspitze hinein, und sprengt den Kreis der versteinerten Menschen. Das Leben des Auferstandenen durchpulst sie. Er ist ihr ja begegnet und macht sie zu seiner Botin: sie, eine Frau, die als solche für gar nicht zeugnisfähig galt. Und die Botschaft an sich ist ebenso absurd. Sie hatten doch gesehen, wie er starb.
Eine Zumutung für die Jünger also, ihre Gesichter zeigen es. Und doch ist da etwas an ihrer Gestalt, das umwerfend echt ist. Sie bringt nicht nur die gute Nachricht, sie ist selbst zur Botschaft geworden. Ihre Freude ist überwältigend. Die Jünger zweifeln, aber sie hören zu.
An vielen unterschiedlichen Menschen wird gezeigt, wie die Osterbotschaft auf sie wirkt und wie sie reagieren. Auch Gruppen machen zusammen diese Erfahrung, die sich dann an Pfingsten vollendet.
Der Apostel Paulus schreibt, dass unser Glaube wertlos ist, wenn wir die Auferstehung ausklammern.
Aber wo sind denn unsere Gotteserfahrungen, wie sie die Jünger machen durften? Wie und wo erleben wir Jesus als den Lebendigen, der versprochen hat bei uns zu bleiben bis ans Ende der Welt? Sieht unsere Welt so aus, als ob sie Gottes so voll wäre, wie Dietrich Bonhoeffer sagt? Oder haben wir da etwas überhört?
Jesus sagt zu Maria Magdalena: „Halte mich nicht fest.“ Zu Thomas sagt er, dass die Zeit der gewohnten Beziehung zwischen Meister und Schülern vorbei ist. Er wird nicht mehr in gewohnter Weise unter ihnen sein. Ihre Verbundenheit wird sich anders äußern: „Selig, die nicht sehen und doch glauben.“
Das ist seitdem auch unsere Situation. Wir glauben, ohne im üblichen Sinn Beweise zu haben. Es gibt etwas Überzeugenderes als Beweise: nämlich die ganzheitliche Berührung durch das Heilige, das unser Wesen durchströmt, stärkt und heilt. Diese Erneuerung unseres Seins kann jederzeit geschehen, leise und fast unbemerkt oder auch laut wie ein Donner, wenn uns eine Einsicht oder Wahrheit einfach überfällt.
Dag Hammarskjöld teilt seine Erfahrung:
„Gott stirbt nicht an dem Tag, an dem wir aufhören, an einen persönlichen Gott zu glauben. Aber wir sterben, wenn unser Leben nicht mehr von jenem beständigen, täglich neuem Licht eines Wunders erleuchtet wird, dessen Herkunft jenseits aller Vernunft liegt.“

Sr. Pietra Hagenberger
Bild: Sr. Sigmunda May, Kloster Sießen