Eigentlich bin ich ganz anders … nur komme ich so selten dazu. (Ödön von Horvarth)

Wenn man heute von einer Maske spricht, denkt man sofort an Corona und alle auferlegten Schutzmaßnahmen.
Vor Corona gehörte die Maske zum Fasching mit seinen vielen Requisiten und bedeutete, in eine andere Rolle hineinzuschlüpfen,
den Alltag hinter sich zu lassen und eine andere Art von Freiheit zu genießen. Ein Versteckspiel also, das uns Menschen gut tat, das vor allem den Kindern die Möglichkeit gab, sich auszuprobieren und für kurze Zeit einen Traum zu leben. Figuren wie der Clown, dem man nachsagt, dass hinter der lustigen Maske oft ein sehr trauriger Mensch stecke, ließen uns ahnen, dass der Mensch quasi zwei Seelen in seiner Brust hat und sein privates Leben vor Verletzungen und Übergriffen von Anderen zu schützen versucht.

Die Künstlerin des beiliegenden Bildes stellt uns eine Maske ganz anderer Art vor. Hier ist das Innere nach außen gestülpt. Es zeigt, wie verwundbar ich eigentlich bin, was ich zu verbergen versuche vor groben Händen und wieviel Angst ich habe davor, die heutige Wirklichkeit zu sehen und mich entsprechend hilflos zu fühlen. Das rechte Auge der Maske ist klar und sieht den Fußspuren nach, die weglaufen über die braune Erde. Das linke Auge der Maske ist fast leergeweint, als ob alles Leid der Welt, das eigene und das der anderen aus Kriegen, Straflagern und persönlichen Schicksalen sich versammelt wie in einem Strom und weiterläuft (Fuß), wer weiß wohin. Am Ende verwandelt er sich in ein paar Perlen. Es sind die Farben der Schöpfung mit denen die Maske bemalt ist und sie zeichnen das Leben nach in all seinen Landschaften und Jahreszeiten. Eine kleine Hand streichelt tröstend über die Wange.

Auf der Stirne strahlt das dritte Auge, das für die Verbindung zum Göttlichen und Heiligen offen ist und alles in seine Ruhe hineinzieht.
Erkenne ich mich wieder in dieser so anderen Maske? Kann ich annehmen, dass sie besser zu mir passt als manche andere? Wie vielen Menschen gebe ich Zugang zu meiner Angst und meinem Leid?
Es sind sicher wenige, denn dazu braucht es den Anderen/die Andere, die sich selber aushalten, so wie sie sind. Nur die Güte eines Anderen fängt mich immer wieder auf, weil sie aus einer Quelle gespeist wird, die keinen Anfang und kein Ende hat. Wir Menschen genügen uns nicht selbst. Wir brauchen einander, was wir gerade jetzt in der Corona-Krise besonders spüren. Und wir brauchen uns nichts vorzumachen: Jeder hat diese beiden Gesichter. Jeder kann von sich sagen; „Eigentlich bin ich ganz anders …“ Vielleicht liegt die Lösung darin, dass wir mutig genug sind, immer mehr wir selber zu werden und die Maske nicht mehr brauchen, weil wir mehr über unsere Ängste sprechen und unser Leid, soweit es möglich ist, miteinander teilen. Die „Geschwisterlichkeit“, die Papst Franziskus so betont, erlöst von Einsamkeit und Verzweiflung.

Mich hat diese Maske zuerst erschreckt und dann fasziniert. Ich weiß nicht, was Schwester Monika sich beim Malen gedacht hat. Aber ein Künstler gibt sein Werk frei. Die Wahrheit liegt im Auge des Beschauers …

Welche Gedanken weckt das Bild in Ihnen?

Bild: Sr. Monika Schulze
Text: Sr. Pietra Hagenberger